Ein Chor vor der Bewährungsprobe
Das Gespräch führte Sabine Meißner 21. November 2016
„Herzlich Willkommen zum Projekt ,Carmina Burana‘ im Konzertchor Schweinfurt.“ Mit diesen Worten hatte Matthias Göttemann im Juni die Probenarbeit begonnen. „Das ist ein Chor, den es gestern noch nicht gab“, sagte er damals zu den Sängern. 70 kamen insgesamt in den Konzertsaal de… Foto: Sabine Meissner
In einer groß angelegten Werbeaktion hat der Verein „Liederkranz Schweinfurt 1833“ gemeinsam mit Dirigent Matthias Göttemann für Sänger eines besonderen Projekts geworben. Im Juni nahm der Konzert-Chor, der neben dem bestehenden und regelmäßig probenden Philharmonischen Chor installiert wurde, seine Arbeit auf. Es ist ein Projektchor, für den sich viele Sängerinnen und Sänger aus der Stadt und dem Landkreis Schweinfurt begeistern ließen. Im Juni begannen die Proben, am Samstag, 26. November, hat der neue Chor um 19.30 Uhr seine Bewährungsprobe im Theater der Stadt Schweinfurt – mit nichts weniger als der „Carmina burana“ von Carl Orff und der „Chorfantasie“ von Ludwig van Beethoven. Zwei anspruchsvolle Werke mit großem Orchester.
Frage: Herr Göttemann, Sie beenden demnächst die zweite Probenphase für die „Carmina Burana“, der szenischen Kantate von Carl Orff, die am 26. November zur Aufführung kommt. Wie liefen die Proben bisher?
Matthias Göttemann: Die Proben liefen gut. Natürlich muss man berücksichtigen, dass es sich um ein erstes offenes Projekt
handelt und daher die Fortschritte von Probe zu Probe nicht im gleichen Tempo verlaufen wie bei einem Chor, der bereits aufeinander eingesungen ist.
Zum Konzert-Chor Schweinfurt kamen nach und nach etwa 70 neue Leute. Die Genauigkeit, damit meine ich sowohl das präzise Singen als auch die Ausführung meiner Interpretationsvorgaben, stellte sich ebenfalls nach und nach ein.
Sehen Sie dem Konzert zuversichtlich entgegen?
Göttemann: Ja, unbedingt. Obwohl die Vereinigung von neu hinzu gekommenen Sängerinnen und Sängern mit dem vorhandenen Stamm eine Herausforderung in musikalischer wie in psychologischer Hinsicht bleibt, sehe ich dem Konzert erwartungsfroh entgegen. Die Stimmung im neu formierten Chor ist sehr gut, die meisten lassen erkennen: „Wir wollen das Konzert gemeinsam schaffen!“
Seit die „Carmina Burana“ 1937 in Frankfurt am Main uraufgeführt wurde, sind die Lieder aus Benediktbeuern weltweit unzählige Male aufgeführt worden. Wie wird Ihre Interpretation sein?
Göttemann: Wir werden das „Schicksals-Rad“ nicht neu erfinden, aber wir arbeiten intensiv an einer schwungvollen Interpretation, die rhythmisch mitreißend sein wird, immer der Intention des Komponisten nachspürend.
Aufführen werden Sie mit den Schweinfurter Choristen auch Beethovens „Chorfantasie op. 80“. Proben Sie beide Werke parallel?
Göttemann: Ja, im Konzert werden ja auch beide Werke erklingen und die Zuhörer sollen von der ersten bis zur letzten Minute spüren, dass es zwei Werke sind, die trotz vieler Unterschiede auch Gemeinsames bergen, nämlich die großartige Musik zweier leidenschaftlicher Komponisten. Beethovens Chorfantasie eignet sich zudem bestens als Einstieg. Nach einem Klaviersolo entwickelt sich das Werk bis zum packenden Finale. Darauf folgt Orffs ungestüme „Carmina“ mit ihren sensiblen Partien. Das hätte vielleicht auch den beiden Meistern gefallen, wenn sie zur gleichen Zeit gelebt und sich einander gekannt hätten.
In welcher Fassung werden Sie beide Werke aufführen?
Göttemann: In der originalen, großen Orchesterfassung.
Häufig sind bei Aufführungen der „Chorfantasie“ Chorsolisten zu hören. Wofür haben Sie sich entschieden?
Göttemann: In der „Chorfantasie“ treten sechs Solisten als Ensemble auf, zu denen dann der Tuttichor hinzukommt.
Für die Soli der „Carmina“ haben Sie die Sopranistin Anna Nesyba, den Bariton Heiko Trinsinger und Martin Nyvall für den legendären Tenorpart verpflichtet. Die drei Profis kennen Sie aus früherer Zusammenarbeit, spielte das eine Rolle?
Göttemann: Ich bin sehr froh, genau diese Solisten gewinnen zu können. Mit Anna Nesyba verbindet mich eine jahrelange Zusammenarbeit. Ich freue mich auf ihre jugendliche, sinnlich-lyrische Interpretation der „Carmina Burana“. Mit Heiko Trinsinger durfte ich auch schon mehrere wunderbare Konzerte gestalten. Insbesondere seine Interpretation des Mittelteiles der „Carmina“ ist wunderbar intensiv! Martin Nyvall lernte ich anlässlich eines Konzertes in Friedrichshafen kennen und führte kürzlich mit ihm das „Lied von der Glocke“ von Max Bruch auf. Die Zusammenarbeit mit ihm ist unkompliziert und freundschaftlich. Ich bin sicher, dass alle Drei die Sympathie des Schweinfurter Publikums gewinnen werden.
Werden auch Kinder mitwirken?
Göttemann: Ja, etwa 16 Kinder aus meinem ,Musicalchor junge Stimmen‘, den ich am Schulzentrum in Haßfurt als Unterstufenchor des dortigen Gymnasiums leite, werden die von Orff für Kinderchor vorgesehenen Partien übernehmen.
Als Orchester haben Sie die Nordböhmische Philharmonie Teplice verpflichtet. Ist das ein Experiment
Göttemann: Ich habe das Orchester in Frankfurt gehört und bin nun gespannt auf die Zusammenarbeit. Wenn die gut wird, wovon ich ausgehe, dann wird der Klangkörper sicher nicht zum letzten Mal in unserer Region zu erleben sein.
Einen Tag vor Ihnen steht Jakub Hruša, neuer Chefdirigent der Bamberger Symphoniker, auf der Bühne des Theaters. Macht Sie das ein wenig stolz?
Göttemann: Ja sicher, ich betrachte es als Ehre, im Theater Schweinfurt, in einem Haus, in dem internationale Künstler auftreten, dirigieren zu dürfen. Andererseits finde ich es ehrenwert, dass dieses Haus auch den beiden Schweinfurter Chören, dem Konzert-Chor und dem Philharmonischen Chor, offensteht. Beide werden ja vom renommierten Kulturverein Liederkranz Schweinfurt getragen.
In Beethovens Schaffen kann man die „9. Sinfonie“ als Gipfel ansehen. Haben Sie im Sinn, diese später einmal in Schweinfurt auf die Bühne zu bringen?
Göttemann: Ganz genau, das habe ich vor!